Wiedersehen mit dem allerersten Retzer Legionär

Eine Retzer Abordnung traf in Prag 1976-Europameister Dušan Herda.

In Österreich ist er nur absoluten Fußballexperten ein Begriff, in seinem Heimatland Tschechien dagegen ein Nationalheld. Die Rede ist von Dušan Herda, Teil der legendären Europameistermannschaft der Tschechoslowakei von 1976 und Vereinslegende von Slavia Prag. Und was die wenigsten noch wissen, in der Spätphase seiner Karriere kickte der heute 71-Jährige beim SC Retz – und war dort 1988 der allererste Legionär der Vereinsgeschichte.

Im März gab es ein Wiedersehen, als eine Retzer Abordnung um Ex-Zeugwart und Vereinsfaktotum Karl Logar Prag besuchte, im Slavia-Hotel (Anm.: direkt im Stadion) wohnte, ein Match des Top-Klubs besuchte und dort auch Herda traf.

„Es war ein herzliches Wiedersehen, er war nicht nur ein super Kicker, sondern auch ein super Bursche“, schwärmte Logar, der auch die eine oder andere launige Anekdote parat hatte: „Einmal hat er in Zeiten des Vorhanges als Nicht-Raucher Zigaretten über die Grenze geschmuggelt. Zum Beweis, dass diese für ihn seien, musste er sich vor dem Grenzer eine anzünden. Das hat ihm nicht geschmeckt (lacht).“

Als Transfers aus dem Osten Politikum waren

Eingefädelt hatte diesen, für damalige Zeiten, sensationellen Transfer Ex-Obmann Peter Piassoni. Im Gespräch mit der NÖN erinnert er sich: „Wir sind damals Meister in der 1. Klasse geworden und wollten uns verstärken. Über die Botschaft in Wien wurde uns ein Kontaktmann in Prag vorgeschlagen, der verdiente Kicker nach Österreich gebracht hat.“

War es doch zu Zeiten des Kommunismus und Eisernen Vorhanges noch so, dass nur Spieler über 30 mit National- oder Olympiateamerfahrung und einer gewissen Anzahl an Meisterschaftsspielen ins Ausland wechseln durften. So lag Piassoni und Co. eine Liste mit drei Spielern vor, Herda wurde wärmstens empfohlen und die Retzer griffen zu. Er sollte sich als Glücksgriff entpuppen …

Insgesamt drei Jahre spielte er in der Weinstadt und begeisterte die Fans: „Ich glaube, wir haben damals die Hälfte unserer Tore aus Standards geschossen, er war schon ein Wahnsinnskicker“, berichtet Piassoni, der noch traurig hinzufügt: „Eigentlich hätten wir ihn länger behalten sollen,“ Gemeinsam mit Landsmann Tomas Kloucek, der später zu den Grün-Weißen stieß, bildete er ein gefürchtetes Offensivduo.

Das bestätigt der heutige Co-Trainer der Retzer, Thomas Frey, der anno dazumal als blutjunger Spieler mit Herda trainieren und spielen durfte. „Wir sind damals mit offenem Mund danebengestanden, er hat ein feines Füßchen gehabt.“ Tore aus 30 Metern oder mehr waren keine Seltenheit.

Zigaretten und Bier ließen ihn fast verzweifeln

Und auch an Professionalität mangelte es Herda nicht, was ihn bei späteren Stationen in Göllersdorf und Langau noch fertigmachen sollte, wie sich Logar mit einem Schmunzeln erinnert: „Als er dort gesehen hat, dass Spieler in der Pause geraucht und Bier getrunken haben, ist er fast verzweifelt.“

Herda war der erste Retzer Legionär aus Tschechien und fügt sich in eine Reihe späterer Top-Transfers wie Vaclav Danek, der heute vielleicht bekannteste Name, oder Jan Schulmeister, aktuell die beste Verpflichtung in den letzten zehn Jahren …